Test: txtr beagle

Auf den ersten Blick sieht alles gut aus. Ein netter, kleiner Reader mit einem 5 Zoll (12,7 cm) eInk-Display, das auf 800 x 600 Pixel ganze 8 Graustufen auflöst. Das wäre eigentlich eher mickrig, aber das Gerät wiegt ja auch nur  111 Gramm ohne Batterien, mit Batterien etwa 130 Gramm, und ist bei Abmessungen 10,5 mal 14 Zentimeter angenehm klein.
Darum geht’s hier also: Ein Mini-Reader, der auch gar nicht viele Funktionen haben muss. Dünn ist er auch, dick ist nur die Stelle beim Batteriefach. Der Reader schluckt normale AAA-Zellen, alternativ wiederaufladbare NiMH-Akkus, was ganz vernünftig ist.

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Was für einen kruden Mist man hier entwickelt hat, zeigt sich dann beim Versuch, ein eBook das Gerät zu laden. Es besitzt weder WLAN noch USB, sondern nur Bluetooth. Zur Verbindung ist daher ein Smartphone unerlässlich, und es muss Android sein (obwohl es eine txtr-App für iOS gibt), denn nur damit kann man eBooks (im Format PDF oder EPUB) übertragen. So weit, so gerade-noch-akzeptabel.

Die App dient als Shop, in dem man passabel Bücher suchen, finden und kaufen kann. Die so gekauften Titel schiebt man dann über das Kontextmenü eines Buches per Bluetooth zum E-Reader. Zu den vielen UX-Designsünden der Entwickler gehört dabei unter anderem eine fehlende Statusanzeige für die Übertragung oder eine Warteschlange für mehrere Übertragungen.

An beides dachte man wohl nicht, weil der txtr beagle ja sowieso nur fünf Bücher speichern kann. Sie haben richtig gelesen: fünf. Wenn Sie ein sechstes Buch auf den Reader schieben wollen, fordert das Gerät auf, ein bestehendes Buch zu löschen. Keine Ahnung, wie viele Bücher Sie im Urlaub lesen, aber fünf sind mir deutlich zu wenig, und sei es nur, weil ich am ersten Urlaubstag keine Lust auf eben diese fünf Titel haben könnte. Der Speicherplatz von 4 Gigabyte (Firmenangabe, würde für aberhunderte E-Books reichen) wird dabei übrigens minimal ausgenutzt, das Limit dieser Zahl ist also auch noch reine Willkür. Der beagle könnte auch 20 TB haben – es würde nichts ändern. Wie unsinnig ist das denn?

Dabei hätte man an diese Features (Warteschlange, Übertragungsfortschrittsanzeige) denken müssen. Denn wer fünf Bücher überträgt, wird garantiert fünf mal das Bluetooth auf seinem beagle aktivieren müssen – denn das deaktiviert sich einige Zeit nach Abschluss einer Übertragung, also für den Nutzer „irgendwann“. Zugleich zieht sich der Vorgang etwas hin. Weil nämlich, der nächste Schwachsinn naht, der beagle gar kein EPUB-Reader ist, obwohl man EPUB-Dateien in die Lieferkette einspeist. Statt dessen handelt es sich wohl um einen PDF-Reader, der seine PDFs von der Android-App erhält, die hierzu die EPUBs in PDFs umrechnet. Was dauert.

Was für ein grober Unfug das ist, sollte jedem klar sein. Indes hat es tatsächlich *einen* Vorteil, nämlich die dabei stattfindende Silbentrennung, die beispielsweise ein eInk-Kindle nicht beherrscht, und die dafür sorgt, dass Blocksatz beim beagle nicht (oder zumindest selten) unerwünscht flattert.

Blöd nur, wenn man im Urlaub seine Schriftgröße ändern will. Geht nämlich nicht. Weil ja alle Dokumente vor der Übertragung in der App gerendert werden. Wer eine größere Schrift will, schaltet das erst in den Android-App-Einstellungen um und überträgt dann die fünf Bücher nochmal, fünf Mal einzeln, samt fünf Mal Wartezeit und fünf mal Bluetooth-Aus-und-wieder-An-Spiel.

Seinen Höhepunkt erreicht das ganze, wenn man eine eigene EPUB-Datei, also eine, die nicht aus dem Shop kommt, übertragen möchte. Zwar hat die App ein Verzeichnis, in der sie ihre EPUBs speichert – aber dort kann man so viele EPUBs reinlegen, wie man will, die App ignoriert sie einfach. Wah? Aha, man muss statt dessen eigene EPUBs in der „txtr-Cloud“ speichern, sprich, seine privaten EPUBs auf die Festplatte von txtr laden (viel Spaß beim Lesen, Jungs!).
Erst dann kann man sie in seine Android-App runterladen und darf sie dann von dort zum beagle schieben, natürlich erneut Stück für Stück, jedes einzeln. „Markierte Titel syncen“? Wer braucht sowas…

Allerdings hat man dann keine Cover. Denn die App ist auch noch zu blöd, das Cover des eigenen EPUBs (in meinem Fall: eigene und solche von Beam) dem EPUB-Format (ist ja nur standardisiert!) zu nehmen und anzuzeigen. Und während wenigstens die Website die Titel erkennt und vor der Übernahme zur Korrektur anbietet, kommt die so übernommene Information dann nicht mal auf der App an. Wie unglaublich schlecht armselig kann man eigentlich arbeiten?

txtr-beagle-app

Ich habe in meinem Leben selten so einen Hard- und Software-Schund gesehen und kann auf Basis meiner Erfahrung nur dringend davon abraten, einen txtr beagle zu erwerben, selbst wenn er nur 1 Euro kostet oder ein Hinkelstein plus zwei Sklaven beigelegt wird.

Denken wir uns mal aus, wie ein einfacher E-Reader ohne Luxus aussehen sollte:

  1. Es sollten schon so ein paar Dutzend Bücher draufpassen.
  2. Man sollte leicht Bücher aufs Gerät übertragen können.
  3. Man sollte schnell die Schrift vergrößern/verkleinern können.

Und nun schauen wir mal, wie der txtr beagle sich dazu stellt:

  1. Nein. Denn der txtr beagle begrenzt 4 GB möglichem Speicherplatz auf fünf Stück Bücher. Warum?
  2. Nein. Denn selbst wenn man den Shop nutzt, ist es noch umständlich. Der Weg für eigene EPUBs ist schlicht eine Frechheit. Warum? Denn die App könnte EPUBs auch einfach aus seinem Android-Verzeichnis nehmen. Warum also?
  3. Nein. Weil es in Wirklichkeit gar kein E-Reader ist, der das Format EPUB unterstützt, sondern irgendeine proprietäre Scheiße. Warum? Ist HTML sooo schwer zu rendern?

Man darf sich wundern, warum man absichtlich ein vom Handling her gar nicht unschnuckeliges Gerät herausbringt und es dann – warum? – absolut unbenutzbar macht. Warum ist Amazon in Deutschland bald Monopolist? Weil die anderen sich unfassbar blöd anstellen.